Recht auf Arbeit

Artikel 6 des UN-Sozialpaktes betrifft das Recht auf Arbeit, das bereits in Artikel 23 Absatz 1 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung anerkannt wurde. Trotz der gewählten Formulierung begründet diese Vorschrift nicht etwa ein subjektives — privates oder öffentliches — Recht des einzelnen, einen Arbeitsplatz zu erhalten.

Dahingehende Formulierungsvorschläge wurden bei den Arbeiten am Entwurf des UN-Sozialpaktes bereits von der Menschenrechtskommission abgelehnt. Im Dritten Ausschuss der Generalversammlung wurde hervorgehoben, dass der Artikel nur deswegen über eine bloße Deklamation hinausgehe, weil konkret gesagt werde, wie die Staaten dieses Recht verwirklichen sollten. Nur insoweit bestehen daher Verpflichtungen der Vertragsstaaten.

Die Bedeutung von Artikel 6 Absatz 1 des UN-Sozialpaktes liegt darin, das Recht auf Arbeit anzuerkennen und zugleich deutlich zu machen, dass den Vertragsstaaten hier Aufgaben obliegen; welche dies im einzelnen sind, bleibt Absatz 2 vorbehalten.

Artikel 6 Absatz 1 kommt allerdings auch der Charakter eines Freiheitsrechtes insoweit zu, als er im Grundsatz Zwangs- oder Pflichtarbeit ausschließt; entsprechendes ist in Artikel 8 des UN-Zivilpaktes vorgesehen.

Artikel 6 Absatz 2 des UN-Sozialpaktes macht erst den konkreten Sinn des Rechts auf Arbeit deutlich, soweit es Pflichten der Vertragsstaaten begründen soll. Sie betreffen die wirtschaftspolitischen Ziele einer ständigen wirtschaftlichen Entwicklung und produktiven Vollbeschäftigung. Bei alledem sind die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen zu schützen. Außerdem werden die Berufs- und Arbeitsberatung und die Berufsausbildung erwähnt.

Die englische und französische Fassung lassen den Schluss zu, dass damit alle Arten beruflicher Bildung gemeint sind und nicht nur die grundlegende Berufsausbildung. Im Übrigen folgt schon aus Artikel 5 Absatz 2 des UN-Sozialpaktes, dass kein Staat gehindert ist, hier weitergehende Maßnahmen zu ergreifen. Man wird auch die Regelung in Artikel 6 Absatz 2 nicht in dem Sinn aufzufassen haben, dass damit möglichen staatlichen Maßnahmen zur Verwirklichung des Rechts auf Arbeit Schranken gezogen werden sollen.

Aus Artikel 6 kann auch in Verbindung mit Artikel 2 des UN-Sozialpaktes kein Recht eines Ausländers auf Arbeitsaufnahme in der Bundesrepublik Deutschland hergeleitet werden kann, soweit nicht eine nach innerstaatlichem Recht erforderliche Arbeitserlaubnis vorliegt.

Artikel 6
(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen, umfasst, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts.

(2) Die von einem Vertragsstaat zur vollen Verwirklichung dieses Rechts zu unternehmenden Schritte umfassen fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer produktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen, welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen schützen.

Das Recht auf Arbeit in dem hier gemeinten Sinn wird in der Bundesrepublik Deutschland durch eine auf Vollbeschäftigung abzielende Wirtschaftspolitik und eine aktive Arbeitsmarktpolitik verwirklicht. Als gesetzliche Maßnahmen seien erwähnt:

  • das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft,
  • das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung -,
  • das Berufsbildungsgesetz und
  • das Bundesausbildungsförderungsgesetz.

Wegen des Verbots von Zwangs- und Pflichtarbeit ist für das deutsche Recht auf Artikel 12 GG hinzuweisen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat im Bereich des Artikels 6 des UN-Sozialpaktes mehrere Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert, so insbesondere

  • Übereinkommen 29 der Internationalen Arbeitsorganisation über Zwangs- und Pflichtarbeit,
  • Übereinkommen 88 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Organisation der Arbeitsmarktverwaltung,
  • Übereinkommen 105 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Abschaffung der Zwangsarbeit und
  • Übereinkommen 122 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beschäftigungspolitik.

Auch Artikel 1 der Europäischen Sozialcharta erkennt ein Recht auf Arbeit in dem hier gemeinten Sinn an und erlegt den Vertragsstaaten gewisse Pflichten zu seiner Verwirklichung auf.